Nach Europa kam der Bambus Mitte des 19.
Jahrhunderts. Seidenimporteure brachten die exotische Pflanze aus China
und Japan nach Hause, schenkten sie den Fürsten ihres Landes oder
reichen Auftraggebern, oder pflanzten sie in ihre eigenen Parks.
Bezeichnenderweise findet man die ältesten Bambusbestände in Europa in
hochherrschaftlichen Parkanlagen oder Parks, die früher einmal in
fürstlichem Besitz waren. Da die europäischen Gärtner vom Bambus so gut
wie nichts wussten, und die Männer die den Bambus auf ihren Schiffen
mitbrachten noch weniger, wurde zu Anfang gepflanzt, was mit den
Handelsschiffen aus dem Orient herüberkam. Die tropischen Arten
überlebten schon den ersten Winter nicht, empfindlichere Arten gingen
bereits auf der wochenlangen Schiffsreise zugrunde. Dies führte dazu,
dass jahrzehntelang nur einige winterharte Phillostachys - Arten in
Europa überlebten und gross wurden. Es war eine rein zufällige Auslese.
In England mit seinem milden Klima und dem zweifellos grösseren
gärtnerischen Geschick seiner Bewohner sah man schon um die
Jahrhundertwende eine grössere Zahl von Gattungen und Arten als z.B. in
Deutschland.
Viel weiter zurück, bereits 552 n. Chr. wurden die ersten
Seidenraupeneier in Bambusrohren von China nach Konstantinopel
geschmuggelt. Auch in Frankreich begeisterten sich private
Gartenbesitzer zunehmend für Bambus. Vor allem im Süden gediehen auch
Arten, die im kühlen Norden Europas nicht überlebten.
Das Interesse eines unternehmungslustigen Franzosen am Bambus führte
dazu, dass heute im südfranzösischen Prafrance, eine halbe Stunde von
Nîmes entfernt, ein „Wallfahrtsort“ für Bambusfreunde aus ganz Europa
entstand.
Diese wohl grösste Bambus-Sammlung ausserhalb Asiens hat eine bewegte
Geschichte: Ende des 19. Jahrhunderts bereiste Eugene Mazel, ein
wohlhabender Kaufmann aus Frankreich, China, um die Seidenraupenzucht zu
studieren. Er war fasziniert vom Bambus und brachte auf seinem Schiff
einige Pflanzen nach Frankreich. Er setzte sie in Cap Ferrat an der Côte
d’Azur in die Erde und sah staunend, dass sie anwuchsen und sich
vermehrten. Später kaufte er 40 Hektar Land in der Nähe der Stadt Anduze
und staute den Gebirgsfluss Gardon, um seine Bambuspflanzen zu
bewässern. Vierzig Gärtner waren zwanzig Jahre lang in dem immer grösser
werdenden Bambusgarten beschäftigt, dann geriet Mazel in finanzielle
Schwierigkeiten und verlor seinen Besitz.
Erst um die Jahrhundertwende fand sich wieder ein Bambusfreund, Gaston
Nègre, der das Areal kaufte und alles daran setzte, die Bambussammlung
wieder instand zusetzen. Es dauerte zwei Generationen, bis die heutige
Anlage in ihrer jetzigen Gestalt entstand. Die Enkelin von Gaston Nègre,
Muriel Crouzet und ihr Mann Yves haben daraus ein echtes Mekka für
Bambusfreunde gemacht.
Heute findet man gegen 200 verschiedene Bambusarten, auf zwölf Hektar
Bambus- plantagen in Form von Wäldern, Baumgruppen, Büschen, Hecken und
Topfpflanzen, von den Kleinsten bis zu den riesigen Phillostachys
pubescens, die eine Höhe bis zu 25m und 20cm Durchmesser erreichen.
Der Park ist die ganze Woche offen vom 1. März bis zum 31. Dezember, ab
09.30, im November und Dezember von Mittwoch bis Sonntag, 10.00 bis
17.00. Ein Besuch lohnt sich!
Informationen unter:
la Bambouseraie
F - 30140 Anduze
Tél. 0033 66 61 70 47
Fax 0033 66 61 64 15
www.bambouseraie.fr
Auch in Deutschland und in der Schweiz ist Bambus verständlicherweise
immer häufiger anzutreffen. Viele Gärtnereien bieten verschiedene auch
winterfeste Arten an. Auch in Gartencentern findet man nicht selten eine
grössere Auswahl.
Die wahrscheinlich grösste Auswahl in öffentlich-zugänglichen Anlagen in
der Schweiz findet man auf der Insel Brissago im Tessin. Gegen 30
verschiedene Arten sind auf der kleinen Insel angelegt und beschriftet.
Die grössten Stämme erreichen immerhin gegen 10 m Höhe und Durchmesser
bis 8/9 cm.
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